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Kinder mit Behinderung Loslassen lernen – gar nicht so einfach

Aktualisiert: 28. Apr. 2023

Kinder mit Behinderung loslassen lernen – gar nicht so einfach. Loslassen ist ein lebenslanger Prozess. Entgegen vieler Befürchtungen bedeutet “Loslassen” nicht das Auflösen der Eltern-Kind-Beziehung. Es bedeutet mehr eine Umgestaltung und Neuorientierung dieser. Loslassen gehört genauso zur Eltern-Kind-Beziehung wie das Sich verbunden fühlen. Es bedeutet dem Kind mehr Freiraum einzuräumen, ein gewisses Zutrauen in die Fähigkeiten des Kindes zu entwickeln und sich selbst zurückzunehmen. Häufig geht es allerdings auch damit einher, dass Eltern Veränderungen zulassen müssen, die mit viel Unsicherheit und Sorgen verbunden sind. Daher fallen sämtliche Veränderungen im Alltag, die mit dem “Loslassen” verbunden sind schwer. In meinem Förderkonzept hello my child spielt auch das Loslassen eine große Rolle! Mehr kannst du auf meiner Webseite nachlesen.



Warum ist Kinder mit Behinderung loslassen lernen – gar nicht so einfach?


“Man muss ja immer sein Kind loslassen..das weiß man ja. Aber wenn das Kind behindert ist, ich weiß nicht, ist es irgendwie anders. Meine Tochter ist ja viel abhängiger. Ich will wirklich, dass sie selbstständig wird, aber andererseits hab ich auch Angst. Was, wenn die Leute sie nicht gut behandeln oder etwas nicht klappt? Wenn es ihr im Kindergarten schlecht geht und keiner es merkt, weil sie es nicht laut sagen kann? Da mache ich mir schon Sorgen”.


So oder so ähnlich geht es vielen Eltern eines Kindes mit Behinderung. Der Wunsch nach Selbstständig- und Unabhängigkeit des Kindes ist zwar groß, wird aber durch die ständige Angst begleitet, dass das eigene Kind in unserem (Leistung-) System unter geht. Aber auch Unsicherheiten, was die Zukunft des Kindes betrifft beeinflussen die Prozesse des Loslassens. Eltern von Kindern, die ohne Behinderung leben, haben mehr Ankerpunkte nach denen sie sich richten können. Sie wissen, dass ab einem gewissen Alter die Fremdbetreuung in einer Kita ansteht, genauso wie die Einschulung oder aber auch das selbstständige Essen, das im eigenen Bett schlafen, uvm.


Eltern von Kindern mit Behinderung fehlen (teilweise) nicht nur solche Ankerpunkte, sondern sie haben auch ganz andere Erfahrungen durchlebt bzw. durchleben müssen. Bei vielen Kindern ist die Behinderung mit zahlreichen Krankenhausaufenthalten verbunden. Oder mit einer lebensbedrohlichen Frühgeburt, Epilepsie oder einer Sonde. Solche Umstände prägen langfristig den Umgang mit dem Kind und zeigen sich insbesondere in Momenten des Loslassens. Die Eltern-Kind-Beziehung musste zahlreiche Belastungen aushalten (Anm. Denn eine frühe Trennung von Mutter und Kind direkt nach der Geburt ist genau das: Eine Belastung.), die natürlich die Interaktion zwischen Eltern und Kind langfristig beeinflussen kann. Auch Eltern, die aufgrund einer Epilepsie stets in Habachtstellung stehen, sind in Prozessen des Loslassens einfach vor andere Herausforderungen gestellt. Bei Familien mit behindertem Kind spielt zudem die Bedeutsamkeit der Idealvorstellung eine besondere Rolle in Prozessen des Loslassens.


In welchen Situationen des Alltags zeigt sich, dass das Loslassen lernen gar nicht so einfach ist?


Meistens sind Eltern überrascht in wie vielen Momenten des Alltages das Loslassen eine Rolle spielt. Einige Beispiele hierfür sind das Essen, Schlafen und die Windelentwöhnung. Nehmen wir die Windelentwöhnung und somit das Trockenwerden als Beispiel. Was hat das mit Loslassen zutun? Es geht nicht nur um eine große Veränderung an sich, sondern auch darum, dass Eltern ihr Kind nicht mehr als Baby/Kleinkind wahrnehmen, sondern akzeptieren, dass ihr Kind älter wird.


Sie müssen sich damit auseinandersetzen, dass ihr Kind immer mehr den Wunsch nach Autonomie uns Selbstständigkeit zeigt bzw. zeigen wird und vor allem aber auch, dass “die Behinderung bleibt”. Natürlich wünschen sich alle Eltern, dass ihr Kind nicht mehr gewickelt werden muss und selbstständig die Toilette nutzen kann. Trotzdem geht damit auch einher, dass das Kind nicht mehr so abhängig ist. Genauso wie die Sorge, dass ihr Kind es nicht schafft oder sie ihrem Kind zu viel zumuten. Solche Befürchtungen führen dann häufig dazu, dass Eltern sich unsicher oder geradezu unwohl fühlen. Und dann geht es Eltern von behinderten Kindern genauso wie allen: Es ist schwer loszulassen, wenn die Angst & Sorge überwiegt. Ich habe vor Kurzem jedoch einen Spruch gelesen, denn ich unheimlich passend zum Thema “Loslassen” finde:


“Du wirst niemals den Ozean überqueren, wenn du Angst hast, das Ufer aus den Augen zu verlieren.” – Christopher Columbus



Wie kannst du mit deiner Elternangst bezüglich des Loslassens umgehen?


Zunächst einmal: Man kann niemanden zum Loslassen zwingen. Aber für Eltern ist es meistens eine große Unterstützung sich stets vor Augen zu führen, ob ihr Kind tatsächlich nicht bereit ist für eine gewisse Veränderung oder ob sie selbst diejenigen sind, die nicht bereit sind. Außerdem gebe ich immer den Tipp, sich jeden Abend in Erinnerung zu rufen, was das Kind bereits alles kann und was heute gut lief. Eine positive Einstellung sowie Fokussierung auf die Dinge im Alltag, die gut laufen, erleichtert die Prozesse des Loslassens erheblich.


Also hier noch einmal fünf Tipps zum Loslassen kurz und knackig zusammengefasst:

  • Stell dir die Frage: Wer ist hier gerade nicht bereit für die Veränderung?

  • Sammle jeden Abend alle Dinge, die an dem Tag super liefen!

  • Erinnere dich stets daran wie wichtig Selbstständigkeit & Unabhängigkeit für dein Kind sind!

  • Nimm Veränderungen als Möglichkeiten wahr, eure Beziehung neu zu gestalten!

  • Fangt kleinschnittig an! Kleine Momente des Loslassens im Alltag sind ein großer Erfolg und super Anfang!


Warum früh loslassen lernen wichtig ist

Hier findet ihr ein sehr passendes Elterninterview mit einer Mutter zum Thema Loslassen:



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