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8 Tipps bei selektivem Essen

Aktualisiert: 26. Sept. 2023


Welche Bedeutung hat Essen in unserem Alltag?


Wir sprechen ständig übers Essen. Sei es unter Freunden, mit dem/der Partner/-in, mit anderen Eltern oder sogar im Fernsehen. Jeden Tag wird überlegt, was es zu Essen gibt. Wir bereiten das Essen für unsere Kinder mit viel Liebe und Hingebung zu (zumindest einige, ich persönlich bin nicht so die begeisterte Köchin) und sind dementsprechend enttäuscht, wenn Kinder unsere mühselig gezauberte Mahlzeit nicht essen wollen. Häufig endet das in Diskussionen und Verhandlungen darüber, was und wie viel von etwas gegessen wird. Und am Ende sind wir trotzdem nicht wirklich zufrieden & das Essen hat uns irgendwie gestresst. Doch was steckt dahinter? Sprechen wir hier schon von selektivem Essverhalten?



Ist das jetzt eine Verweigerungsphase oder schon selektives Essverhalten?


Jedes Kind, ob behindert oder nicht, durchläuft eine natürliche Phase der Verweigerung. In dieser ist es völlig normal, dass gewisse Lebensmittel kategorisch abgelehnt und andere absolut bevorzugt werden. In den meisten Fällen vergeht diese Phase mit der Zeit und der Stress am Essenstisch, verbunden mit ständigen Machtkämpfen, verschwindet wieder. Aber was, wenn nicht? Was, wenn mein Kind über Monate oder gar Jahre nur eine Handvoll Lebensmittel verzehrt?



Merkmale von selektivem Essverhalten:


Gibt es überhaupt so etwas wie Anzeichen oder Merkmale für selektives Essverhalten als Fütter-/ Essstörung?

Ich persönlich nenne hier immer drei relevante Aspekte:

  1. Das Kind akzeptiert weniger als fünf Lebensmittel über einen langen Zeitraum hinweg.

  2. Das Kind zeigt Anzeichen für Über-/ Untergewicht bzw. Mangel-/ Fehlernährung (als Folge von Punkt 1).

  3. Das Essverhalten führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des (sozialen) Lebens.

Was genau diese Aspekte beinhalten erkläre ich übrigens ausführlich in meiner aktuellen Podcastfolge!



Ab wann musst du als Elternteil eingreifen?


Die Frage danach, ab wann etwas unternommen werden muss ist schwer. Es gibt natürlich eindeutige medizinische Indikatoren. Aber ich finde, dass auch soziale Komponenten eine entscheidende Rolle spielen können. Habt ihr den Eindruck, dass das Essverhalten eures Kindes dauerhaft zu stressigen & belasteten Situationen zwischen euch führt? Dass jede Mahlzeit ein Kampf ist und ggf. sogar in herausforderndem Verhalten endet?

Was ist herausforderndes Verhalten?



Die Gefahr der Co-Therapeuten Rolle


Dann sollte sich etwas ändern! Manchmal reicht es, wenn wir unsere Einstellung zum Essverhalten des Kindes ändern. Manchmal sollte die Lebensmittelliste aber auch erweitert werden! Aber immer, immer gilt:

Lasst euch nicht zu Co-Therapeuten/-innen machen! Ihr seid die Eltern eures Kindes, eure Rolle liegt nicht darin aus jeder Interaktion und Situation im Alltag eine Therpapiesession zu gestalten. Natürlich findet die meiste und beste Förderung im Alltag zuhause statt (jede noch so gute Förderung bringt nicht viel, wenn die Dinge nicht im alltäglichen Leben des Kindes etabliert werden). Aber es reicht völlig, wenn ihr hier unterstützend in eurer Rolle als Mama oder Papa wirkt!



Autismus-Spektrum-Störungen & die Sache mit dem Essen


Insbesondere Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung kennen die Thematik häufig besser als ihnen lieb ist. Aufgrund ihrer Wahrnehmungseinschränkung und daraus resultierenden Hochsensitivität zeigen Kinder mit ASS oft selektives Essverhalten. Neue Konsistenzen, Farben, Gerüche oder/und Geschmack bei Lebensmitteln verunsichern sie, führen zu Ekel oder/und Ablehnung. Hinzu kommt ihre Angst vor Veränderung und das ausgeprägte Bedürfnis nach Sicherheit und Routine. Kinder mit ASS treffen somit nicht beabsichtigt die Entscheidung, zahlreiche Lebensmittel abzulehnen, sondern können dies aufgrund ihrer Störungsbild spezifischen Eigenschaften oft nicht.



Was tun bei selektivem Essverhalten ?


Himbeerjoghurt als hochpräferiertes Lebensmittel – check out Emilys Fall in meiner aktuellen Podcastepisode!



8 Tipps für den alltäglichen Umgang:

  •  Testen, für wen & ob das Essverhalten tatsächlich ein Problem ist. Besteht medizinische Notwendigkeit oder fällt es euch schwer das „andere“ Essverhalten zu akzeptieren, da euch von außen Druck bereitet wird?

  • Planen. Vorbereiten, visualisieren, individualisieren, strukturieren. Solche Änderungen sollten nicht „einfach so“ vorgenommen, sondern gut vorbereitet werden.

  • Das Kind nie zum Essen zwingen.

  • Neue Lebensmittel nicht im Rahmen von Bestechungsversuchen einsetzen. Sprich, die Lieblings-Lebensmittel nicht entziehen oder/und nur noch zum Verzehr als Belohnung bereitstellen, wenn das Kind etwas neues isst.

  • Dran bleiben. Immer und immer wieder versuchen. Hochselektives Essverhalten und dessen Erweiterung ist ein sehr langer Prozess, der viele Versuche beinhaltet. Man sollte die eigene Frustrationstoleranz anpassen und nicht aufgeben.

  • Werdet als Eltern nicht zu Co-Therapeuten/-innen. Sämtliche Empfehlungen sollen dazu dienen, dass ihr ein Verständnis für das Verhalten eures Kindes entwickelt, sich eure alltägliche Essenssituation entspannt & ihr einen Einblick in die therapeutische Arbeit erhaltet. Aber konkrete Maßnahmen sollten immer von bzw. in Absprache mit den entsprechenden Therapeuten ergriffen und evaluiert werden. 

  • Food bridges. Man nimmt Lebensmittel, die denen, die das Kind bereits isst, ähneln von der Konsistenz und Geschmack her. Z.B. bei Möhren - Süsskartoffeln. Bei Nudeln mit Fleischwurst - Tortellini mit Fleischfüllung. Vorsicht allerdings! Viele Kinder reagieren wütend/frustriert, wenn man Lebensmittel wählt, die genauso aussehen, aber anders schmecken. Oder wenn man versucht eine neue Joghurtmarke als die alt bekannte auszugeben.

  • Sich bei andauernden Essschwierigkeiten durch externe Fachkräfte beraten lassen. Häufig sind hier Physiotherapeuten/-innen die richtige Anlaufstelle oder explizite Beratungsangebote für Ess-/ Fütterstörungen.


food bridges als Besonderheit


Ich erwähne Food bridges zwar oben, aber ehrlich gesagt empfehle ich diese immer in Absprache mit Therapeuten*innen und/oder dem Bewusstsein, dass man hierbei sehr achtsam und vorsichtig sein sollte. Das Kind darf sich auf keinen Fall "veräppelt" vorkommen, ansonsten kann es zu einer Verschlechterung der Situation kommen, da das Kind das Vertrauen verliert.


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